Christiane Maluck
„In einer ständig wachsenden Erdbevölkerung ist ein friedvoller Umgang unerlässlich, um uns wachsenden Problemen ökologischer und ökonomischer Art zu stellen.“ (von Christiane Maluck 1996)
Text von Christiane Sengebusch Journalistin
Das wichtigste Charakteristikum der Werke der Itzehoer Künstlerin Christiane Maluck ist der Spannungsbogen vom Farbraum und Linie. Zugleich sind sie Ausdruck ihres Lebensgefühls. Sie selbst schreibt dazu: „Ich liebe meinen Beruf, weil er so farbig ist, so farbig wie unsere einzigartige Welt.“
Der Zugang zu ihren oft großformatigen Bildern ist auf einer ästhetischen und besonders auf einer politischen Ebene zu finden. Christiane Malucks Interesse gilt vor allem dem Menschen und damit auch dem Gedanken, wie künftige Generationen leben und überleben werden. Die Malerei stellt für sie dabei eine Möglichkeit dar, das zum Ausdruck zu bringen, womit sie sich gedanklich beschäftigt. Die bemerkenswerte Entwicklung in ihren Arbeiten vollzog sich in mehreren Stufen. In ersten Jahren nach ihrer Ausbildung an der privaten Kunstschule und Galerie bei Hans Jürgen Trams in Hamburg entstanden vornehmlich Arbeiten, die Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen, so auch aus Krisengebieten, zeigen. Dahinter steht die Frage: „Was kann wer dafür, wo er geboren ist?“ Sinngebend und nachhaltig als Kontrapunkt zur immer wieder aufkeimenden Ausländerfeindlichkeit will sie mit diesen Bildern ein Interesse am Anderssein unseres Gegenübers wecken. Und sie will deutlich machen: Keiner sucht sich aus, wann, in welche Familie, in welches Land und in welches Milieu er hineingeboren wird. Dazu Christiane Maluck: „Folglich ist das, was uns prägt, ein nicht vorher bestimmbares Feld von weitergegebenen Mustern, Mentalitäten, Ereignissen und Erfahrungen.“ Exemplarisch für diese Arbeiten, die in den 1990er Jahren entstanden, ist das Bild „Kinder dieser Welt“ (1994)
Ihre gedankliche Weiterentwicklung dokumentieren die Arbeiten, die seit 2008 entstanden sind. Intensiv beschäftigt sich Christiane Maluck seither mit dem menschlichen Mikrokosmos. Ihre Bilder zeigen unser kleinstes Verborgenes im Großformat. Ihr Interesse wendete sich dem kleinsten Innenleben des Menschen zu – weil es eine Welt für sich ist. Die Künstlerin sagt dazu: „Betrachtet man zum Beispiel, wie nach der Verschmelzung der Zellkerne im Kleinsten das neue Leben und Chromosome entstehen, begreifen wir: Diesen Vorgang haben alle Menschen auf der Welt durchlaufen. Er ist uns allen gemeinsam passiert. Es macht keinen Unterschied aus, woher jeder Einzelne kommt. Als Mensch sind wir jeder einzigartig und doch hat jeder von uns seine Anlagen zum Funktionieren mitbekommen, auch im Kleinsten, was abgeschlossen unser individuelles Ganzes ausmacht.“
Damit schließt sich der Kreis zu Christiane Malucks vorangegangenen Bildern. Denn sie kommt zu der Schlussfolgerung: „Es ist nicht zeitgemäß, nach unserem Wissen über uns, uns gegenseitig zu diskriminieren und zu zerstören und unsere Umgebung gleich mit. Wir handeln damit wider die Natur.“
In den 1990er Jahren dominierten Motiv und Gegenständlichkeit die Komposition ihrer Werke. Seit sich die Künstlerin dem menschlichen Mikrokosmos zugewandt hat, bestimmen immer mehr Linie und Farbfläche ihre Arbeiten. In den Bildern „Das männliche Hormon Testosteron“ (2008) und „Das weibliche Hormon Progesteron“ (2008) zum Beispiel korrespondieren die Linien mit einem unbestimmten Farbraum. Zugleich sind ihre jüngeren Werke Ausdruck einer großen Experimentierfreudigkeit. Während die Bilder zum Thema „Der Mensch“ in Öl entstanden, hat Christiane Maluck für ihre Bilder zum menschlichen Mikrokosmos die Acrylfarben entdeckt – und zudem ganz unterschiedliche Materialien wie zum Beispiel Sand. Auf diese Weise entstehen Strukturen, die wirkungs- und geheimnisvolle Effekte hervorrufen. Und sie eröffnen dem Betrachter die Möglichkeit zu ganz individuellen Assoziationen und Fantasien zu gelangen.
Die Werke von Christiane Maluck verlangen Konzentration. Doch wer sich auf die Arbeiten einlässt, wird mit einer persönlichen Sensibilisierung belohnt – vielleicht sogar für sein Gegenüber, auch wenn er aus einem anderen Milieu oder Kulturkreis kommt.
Christiane Sengebusch, 2009